Irith Michelsohn: Vorstand der jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld, Generalsekretärin der Union progressiver Juden.

 

Israel 2018
Dauer: 90 Min.
Regie: Tsivia Barkai Yacov


Unorthodoxes Coming-of-Age-Drama unter ultraorthodoxen Siedlern. – Die engen Straßen der Jerusalemer Altstadt und wachturmartigen Häuser der Siedler lassen kaum Platz für die Privatsphäre von Teenagern. Die 17-jährige Halbwaise Binyamina, genannt Benny, bekommt von ihrem Vater Yehoshua viel Freiraum. Gerade hat er ihr eine verantwortungsvolle Aufgabe anvertraut: Sie darf sich um die rote Kuh kümmern, deren Schlachtung das Kommen des Messias beschleunigen soll. Doch die Vertrautheit der beiden bekommt einen Riss, als aus Bennys Freundschaft mit Yael mehr wird. Im zionistischen Weltbild ihres Vaters ist dafür kein Platz. Autorenfilmerin Tsivia Barkai Yacov verleiht in ihrem preisgekrönten Langfilmdebüt all jenen eine Stimme, die in religiösen Kreisen verstummen, weil ihre innersten Sehnsüchte dort nicht vorkommen dürfen.

„Wie denkst du über intime Beziehungen? Sag ruhig, zöger nicht.“ · „Ich denke, sie sind die höchste Verbindung zwischen zwei Seelen.“

Ihr Haar ist so rot wie das Fell des Kuhkalbs, von dem sich der strenggläubige Vater die prophezeite Erlösung erhofft. So einsam und gefangen wie das Kalb in seinem Gatter fühlt sich die 17-jährige Benny auch. Ihre Mutter hat sie bei der Geburt verloren, seither lebt sie allein bei ihrem fürsorglichen, patriarchalischen Vater, der für viele in der Jerusalemer Gemeinde Autoritätsperson und Mentor ist. Auch für Yael, die bei Benny wildes Gefühlschaos auslöst. Während sie dem religiös-utopischen Nationalismus ihres Vaters zunehmend skeptisch gegenübersteht, verspürt Benny eine aufwühlende Faszination für die selbstbewusste und verletzliche Frau. Mit emotionaler Wucht verkörpert Avigayil Koevary im Langfilmdebüt der israelischen Regisseurin das jugendliche (Auf-)Begehren.